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Entstehung: Taschkent

von Sezgin Güven

Im Blog der spielbar beschreibt der Autor Peer Sylvester die Entstehungsgeschichte von Taschkent:

Taschkent ist im Rahmen des Spieleautorenwettbewerb 2009/10 auf Mückespiele entstanden. Da ging es darum aus diesem Spielmaterial ein Spiel zu erfinden. Interessant, aber für mich wenig hilfreich, denn das Spielmaterial ist so universell einsetzbar, dass es keine Idee bei mir zu entzünden vermochte. Das änderte sich, als ich ein Bild in einem Ferienhaus eines Bekannten sah, dass eine Szene in Zentralsien zeigte. Sofort fiel mir auf, dass das Bild topologisch einem Spielplan ähnelte! Eine Bekannte von mir malte das Bild für mich ab und ich beschloss aus Spielplan und Material ein Spiel zu machen – manchmal ist eine Vorlage (und damit eine Beschränkung) sehr fruchtbar, um Kreaitivität zu kanalisieren.

Taschkent

Folgende Ideen flossen ein:

Ich wollte schon immer ein Seidenstrassenspiel machen. Und mit dem Spielplan bietet sich das auch an. Mit ein bisschen Themenrecherche kam ich auf Taschkent – damals der Ort, an dem Waren von der Seidenstrasse vor allem nach Russland gebracht wurden. Der Teil mit den russischen Fellen fiel allerdings im Designprozess weg.

  • Der Spielplan ist zweigeteilt, also sollte man sowohl im oberen Teil, als auch im unteren agieren. Oben werden Handelsposten errichtet und mit den Hütten gehandelt. Unten werden Handelsgüter erworben und der eigene Steinvorrat aufgefüllt und solche Dinge. Dass einige Elemente der Karawane auf dem Bild dieselbe Farbe hatten, wie die Warensteine aus dem Wettbewerb, war eine glückliche Fügung.
  • Die Kamele unten stehen für Handlungen und man läuft mit seiner Figur Hin- und Her. Aktionen werden teurer, wenn andere Leute dort ebenfalls stehen. Dasselbe gilt im Prinzip für das Einsetzen von Objekten im oberen Teil, allerdings war recht schnell klar, dass jedes Objekt einen eigenen Preis benötigt, da sonst die Taktik vorgezeichnet war.
  • Natürlich (wegen des Themas) sollten Dinge verkauft werden und dabei sollte es eine Art “Nachfrage bestimmt Preis” geben. Also verkauft man an die Hütten dort (damit sind die Gebiete schon einmal nicht gleichwertig) und bekommt Geld je nach dem, wie viele Hütten die entsprechende Ware noch nicht haben. Weil ich clevere Züge erlauben wollte, gibt es ausser dem intuitiven Weg “Handelsposten dort errichten, wo die meisten Hütten stehen” noch einige indirektere Möglichkeiten: Mit Handelsverbindungen Waren in Nachbargebiete verschieben (damit ist auch die Anordnung der Gebiete auf dem Plan wichtig) und Hütten (eigene wie neutrale) einzusetzen. Das erhöht auch die Dynamik, denn ohne neue Hütten wird´s zu statisch. Dynamik und viele Wege zum Ziel machen in meinen Augen ein gutes Vielspielerspiel aus.
  • Zwei Dinge mag ich immer wieder bei Spielen, wenn sie Spannung erzeugen: Erst einmal, wenn man sich immer überlegen muss, wieviel Ertrag man für die Siegbedingung einsetzt (Die Händler finde ich da das beste Beispiel) und die andere, wenn es eine Bedingung gibt, bei der einer aus der Wertung fällt. In diesem Fall müssen sich die Spieler entscheiden, ob sie den Verkaufserlös in Handelskarten investieren wollen (nur die zählen am Ende) oder ob sie sich den Erlös auszahlen lassen wollen. Ohne Geld kommt man nicht weit, also ist das Dilemma tatsächlich ein großes. Und damit das auch in der letzten Runde noch ein Dilemma bleibt, fällt aus der Wertung, wer bei Spielende am wenigsten Bargeld übrig hat. Letzterer Mechanismus kam in unseren Spielrunden gut an, aber ein Testspieler mochte ihn überhaupt nicht. Ich nahm das zum Anlass, eine kleine Spielbox-Umfrage zu starten. Da die Spieler ja Einfluss auf ihr Bargeld haben, war die Kernforderung erfüllt und die Regel blieb drin (Wer die Regel nicht mag, kann die Regel aus der Zweipersonenvariante verwenden).
  • Der Würfel sollte eine Bedeutung für alle haben. So kam ich auf die Idee die Runden in zwei Phasen einzuteilen: Eine Aktionsphase und eine Verkaufsphase. In der ersten Phase machen die Spieler ihre Aktionen, also nehmen Handelswaren, platzieren Handelsposten usw. In der zweiten dürfen sie dann Waren verkaufen. Die Länge der Aktionsphase hängt dabei vom Würfelwurf ab. So müssen die Spieler entscheiden, welche Aktionen sie machen müssen und auf welche sie hoffen dürfen.Ich will hier nicht die Probleme und Regeländerungen im einzelnen beschreiben – das wäre mühsam. Letztlich war das Spiel gut genug, um weit vorne im Wettbewerb zu landen und Harald Mücke fragte mich, ob er es veröffentlichen dürfte. Ich sagte zu und zu meiner Freude engagierte er Klemens Franz als Graphiker, dessen Stil ich sehr schätze (und ich sag das jetzt nicht nur so dahin). Der schaffte es den Stil der Vorlage zu übernehmen, das Format aber zu einem quadratischen Plan umzuarbeiten und vor allem alles übersichtlicher zu gestalten. Übersicht ist bei diesem Spiel recht wichtig, denn viele Aktionsmöglichkeiten sind nicht immer offensichtlich (die oben erwähnten Handelsverbidnungen werden z.B. oft unterschätzt) und man sollte schon schnell sehen können, welche Aktion zu welchem Karawanenfeld gehört. Harald wollte außerdem gerne eine Zweipersonenvariante. Da ich kaum zu zweit spiele, eine besondere Gerausforderung, insbesondere bei einem solchen dynamischen Spiel, bei dem zu zweit nach Grundregeln zu wenig passieren würde. Also musste ein Dummy-Spieler hier. Der ist etwas automatisiert (ich hatte da Vinci im Hinterkopf), aber nicht 100% berechenbar – genau wie ein Mitspieler. Die Regeln funktionierten gut. Oh und natürlich ist die “Ärmster-Spieler-Regel scheidet aus” deutlich abgemildert.

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